Die Presse / LOKALPOST: Künstlerporträts von DorisB
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07.PORTRÄT: Nicole Hartmann (6.9.06)
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LOKALPOST - DAS MAGAZIN AUS DEM REUTERKIEZ
Seit Dezember 2005 interviewt DorisB (bisher bekannt für ihre Kinotips) in der LOKALPOST Künstler, die in Neukölln leben und arbeiten. Als siebte in der Reihe wurde die Choreografin und Schillerpalais-Mitgründerin Nicole Hartmann ins Gespräch verwickelt...
Herausgeber & Redaktionsbüro: MittenMang e.V. (Stefanie Pfau), Lenaustr.22, NK
Künstler in Neukölln
Ein Gespräch mit Nicole Hartmann: Choreografin
Kunst als Form menschlichen Ausdrucks. Kunst schöpft aus inneren Welten und übersetzt in die Sprache der Sinne. Kunst ist Teil des Lebens – Kommunikation der Sinne.
Nicole Hartmann, gebürtige Hamburgerin, lebt in Neukölln.
Bereits mit neun Jahren spielt sie in einer Theatergruppe ihrer Schule und möchte Schauspielerin werden. Sie beendet die Schule, macht das Abitur und anschließend einige Praktika. Unter anderem in der ergotherapeutischen Abteilung eines Unfallkrankenhauses und in einem Kinderheim für körperlich und geistig behinderte Kinder. Diese Zeit hinterlässt bleibende Eindrücke, auch wenn sie diesen Weg beruflich nicht weiter verfolgt.
Zwei Jahre lernt sie an der Schauspielschule Hamburg und stellt fest, dass der Ausdruck über Bewegung ihre Sache ist. In diesen zwei Jahren bewirbt sie sich an verschiedenen Schulen und wird im holländischen Arnhem am European Dance Development Center (EDDC) angenommen. Eine Hochschule für Darstellende Kunst, Tanz und Performance, die Unterrichtssprache ist Englisch. Vier Jahre Ausbildung an und mit ihrem Körper, vier wichtige Jahre in ihrem Leben. Sie schließt diese Ausbildung mit einem Diplom ab.
Nicole Hartmann entwickelt ihre eigene Kreativität, findet und lebt Möglichkeiten, sich als Künstlerin auszudrücken. Der Prozess von der Idee bis zur fertigen Umsetzung in der Performance ist hart und befreiend.
Performance ist eine besondere Form der Körperausdruckskunst. Eine Performance besteht aus mehreren Elementen wie z.B. Körper, Musik, Sprache, Rhythmus, Raum, Licht und Tanz und hat im Gegensatz zum Theaterstück keine sprachlich vorgegebene Inszenierung. In der Performance werden Ideen und Bewegungen der jeweiligen Tänzer/innen mit den einzelnen Elementen als Hilfsmittel zu einer Choreographie gebündelt. Es gibt improvisierte Aufführungen, in denen nur eine Struktur vorgegeben ist oder auch Stücke, in denen jeder Schritt festgelegt ist. So werden bei den Zuschauer/innen statt einer konkreten Geschichte eher Assoziationen hervorgerufen – ähnlich einem abstrakten Bild.
Mit ihrer Freundin Sigi Westerfelder gründet die Künstlerin den Verein "Tanzkontakt Berlin e.V." und veranstaltet Performance-Abende für mehrere Künstler/innen. Die Abende bieten eine Plattform für die Künstler und fördern das Kulturinteresse. Später gründet Nicole Hartmann gemeinsam mit Sigi Westenfelder, Ilka Normann und der Kulturinitiative im Kiez das Schillerpalais, das im Rahmen des Programms "Soziale Stadt" durch das QM Schillerpromenade gefördert wurde.
2001 veranstalten die Künstlerinnen Nicole Hartmann und Sigi Westenfelder ein interdisziplinäres Festival für 12 Künstler/innen mit dem Motto "Kreation im Dialog".
2003 studiert die Künstlerin mit Menschen aus der Nachbarschaft des Schillerpalais eine 30-minütige Performance ein. Ein interessantes Projekt insofern, dass bewegende Kunst die Kiezbewohner bewegt und ins Gespräch bringt. Im Rahmen von "Schiller trifft Einstein" inszeniert sie erneut mit der Nachbarschaft eine Performance.
Manchmal ist es ein Bild, das die Choreografin sieht, manchmal ein Theaterstück oder Film, der sie berührt oder ein themenbezogener Auftrag, der zur Idee wird. Der schöpferische Prozess beginnt, viele Variationen, Kombinationen tauchen vor dem inneren Auge der Künstlerin auf. Sie hält alles fest, streicht, fügt hinzu, kombiniert – solange bis alles stimmig ist. Doch um ihr Kunstwerk zu realisieren, muss sie nun nach den Regeln des Managements arbeiten. Sie übersetzt ihre Idee in passende Worte, schreibt ein Konzept, eine Kalkulation und beantragt Gelder. Auch dies ist ein Teil der notwendigen Arbeit, um ein Bühnenstück zu realisieren und die künstlerischen Ansprüche umzusetzen.
So entsteht 2003 das Projekt "ZwischenTräume". Nicole Hartmann choreografiert ein zeitgenössisches Tanzstück für ein traditionelles koreanisches Trommelstück. Birgit Sievers spielt die Sanduhrtrommel Changgo und Vera Lohkamp übersetzt den Rhythmus in eine eigene Bewegungssprache. Im Rathaus Schöneberg wird die zwanzig Minuten dauernde Inszenierung uraufgeführt. Die Resonanz darauf ist eine Einladung der Künstlerinnen nach Korea zu einem bekannten Musikfestival.
Nicole Hartmann wohnt gern in "ihrem" Kiez, sie mag die Ruhe, das Grün und den netten dörflichen Charakter. Sie ist Choreografin, Tänzerin, hat eine Tanztherapie-Ausbildung und unterrichtet in privater Organisation Aikido.
Performance als spezielle Kunstrichtung bereichert die kulturelle Landschaft in Neukölln außerordentlich.
DorisB
LOKALPOST: 7.Gespräch (linke Hälfte)
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LOKALPOST: 7.Gespräch (rechte Hälfte)
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